Bildverarbeitungssoftware

Ich sehe was, das Du nicht siehst

Ich sehe was, das Du nicht siehst

Bei der Integration von Bildverarbeitungssystemen in Fertigungsanlagen stimmen sich der Steckverbindungshersteller ODU mit eigenem Anlagenbau und Ziemann & Urban als Systemintegrator ab, wie die Prüfprozesse ablaufen sollen. Interessant ist dabei, dass sich Plan und Praxis nicht decken, denn die im Fokus befindlichen Stamptac-Steckverbinder zeigen in der Fertigung neue Szenarien, die das Engineering herausfordern. Detaillierte Stanzvorgänge und das Umspritzen der Silikondichtung rücken die industrielle Bildverarbeitung in Positionen, mit denen beide Seiten im Vorfeld nicht gerechnet haben. 

Perfekt abgestimmt

Um wirtschaftlich Steckverbinder in Großserie für Spezialanwendungen produzieren zu können, bedarf es eines perfekt abgestimmten Zusammenspiels aus Präzisionstechnik, Automatisierung und Digitalisierung. Hochautomatisierte Fertigungsprozesse, die sowohl eine modulare Spritzguss- und Stanztechnik als auch robuste Montagetechnologien beinhalten, sind Kernkompetenzen von ODU und ein fester Bestandteil dieser Produktionslinien. Wichtig sind zudem Inline-Qualitätskontrollen durch industrielle Bildverarbeitung, die Produktionsabweichungen und fehlerhafte Bauteile direkt bei der Entstehung erkennen.

Einblicke in die Produktionsanlage von ODU STAMPTAC offerieren, dass der Mix aus Kontaktdesign, Stanztechnologie und Werkstoffauswahl sowie aufeinander abgestimmte Oberflächenbeschichtungen Steckverbinder ergeben, die fertigungstechnisch herausfordernd sind. Gerade an Automatisierungstechnik und industrieller Bildverarbeitung bedarf es einer Abstimmung, die aus den beiden Unternehmen ODU sowie Ziemann & Urban eine Partnerschaft hat entstehen lassen.

Inline-Systeme als Vorteil

Produziert werden – mit einer Taktzeit von 30 Steckern pro Minute – zwei RoHS-konforme Typ-2-Stecker im Ladestandard IEC 62196, die mit einem integrierten Silikon-Dichtelement für die Längsdichtigkeit beim Laden sorgen. Die Anlage birgt alles, was man an Funktionssicherheit und Nachhaltigkeit erwarten kann.

Was anfangs mit Musterteilen und der Konzeptvorlage von ODU für die Anlage begann, mündete bei Ziemann & Urban in eine Machbarkeitsanalyse der einzelnen Prüfungen und Messungen. In Abstimmung mit der Konstruktion von ODU sind in Teamarbeit die einzelnen Kamerastationen mit Arbeitsabständen, Sichtbereichen sowie der Anordnung von Kameras und Beleuchtungen mit Skalierteilen definiert worden. Besondere technische Raffinessen wie das Öffnungsmaß der Stanzteile, das kameratechnisch per direkter Reflexion gemessen wird, sind Ergebnisse der intensiven Zusammenarbeit in der Konzeptionsphase.

Was folgt, ist nach der Lieferung des ZU-Vision Bildverarbeitungssystems und dessen Integration in die Gesamtanlage durch ODU, die gemeinsame Inbetriebnahme und Programmierung durch die Applikationsingenieure von Ziemann & Urban in Zusammenarbeit mit den ODU-Mitarbeitern – inklusive einer Einführung in neue Funktionen und Tools des BV-Systems.

"Man sieht nur, was man weiß!"

Dieses Zitat aus Goethes "Wahlverwandtschaften" passt gut zur modernen Bildverarbeitung: Alle Systeme sind so programmiert und konfiguriert, um relevante Fehler zu erkennen. Tauchen nach der Inbetriebnahme und während des Testlaufs nun Prozessfehler auf, so müssen die definierten Anlagenpositionen der Bildverarbeitung überdacht werden. Für Ziemann & Urban sind solche Neukonfigurationen eine absolute Herausforderung, denn die Integration einer eigenständig agierenden Prüfzelle in die Anlage muss bauraum- und programmiertechnisch möglich gemacht werden.

Nach der ersten Inbetriebnahme hat es sich als sinnvoll erwiesen, eine autark arbeitende Bildverarbeitungsanlage als vereinfachte Prüfung gleich direkt hinter dem Stanzprozess zu integrieren. Diese erste, automatische Qualitätskontrolle der Teile garantiert die prozesssichere Weiterverarbeitung der Stanzteile und schützt die Produktionslinie vor Stillständen. Final übernimmt dann eine hochauflösende EOL-Prüfung die Endkontrolle. Beide Maßnahmen gewährleisten bei insgesamt bis zu 850 Teilen in der Fertigungslinie die kurzen Taktzeiten der Anlage, selbst wenn der Biegeprozess bei einem Chargenwechsel der Kontakte angepasst werden muss.

Nach den ersten Prozessserien tauchte an der Silikondichtung eine neue Fehlerart auf. Zur Absicherung wurde sehr kurzfristig eine weitere Kamera inklusive der Beleuchtungen in den relevanten Prozess integriert, wobei sich die Flexibilität der genutzten ZU-Vision Software bezahlt macht, mit der sich solche Erweiterungen einfach und kostengünstig umsetzen lassen. Diese Software ist hinsichtlich der Anzahl von Kameras und Applikationen nicht limitiert wie andere Konkurrenzprodukte.

Fünf Kameras im Einsatz

In dem EOL-Inline-System sind nun fünf Kamerastationen integriert, die die Produktionsqualität der Ladestecker sicherstellen: In der ersten Station prüft die Kamera die Position der Stecker im Band in einer Draufsicht, wobei der Abstand zum Stanzband sowie die Position kontrolliert werden. Als zweites wird der Außendurchmesser der drei umspritzten Dichtungen gegen eine telezentrische Hintergrundbeleuchtung geprüft. In der dritten Station wird Vorhandensein der beiden angespritzten Übertritte aus Silikon überprüft, wobei hier die direkte Reflektion der Prüfmerkmale zur Auswertung führt. An vierter Stelle rückt die Kontrolle der Silikon-Umspritzung auf Spritzhäute und Überspritzung, bevor an der letzten Station ein telezentrisches Objektiv die Steckseite der Kontakte kontrolliert. Diese Kamera vermisst bei den Steckern das Öffnungsmaß der Kontaktschenkel zueinander.

Die Datenauswertung erfolgt auf einem Bildverarbeitungsrechner in einem kompakten IP54-konformen Bedienterminal. Bezüglich der Kommunikation mit der übergeordneten Anlagensteuerung kommt ProfiNet zum Einsatz, wobei pro Prüfstation jeweils eine separate Applikation mit IO/ NIO-Kommunikation ausgeführt wird. Mit der standardmäßig integrierten, offenen ProfiNet-Schnittstelle zeigt sich diese Anlage flexibel und erweiterbar – ohne jegliche Kompatibilitätsprobleme bei Veränderungen und Anpassungen.

ODU zeigt mit dieser Montagelinie viel Geschick im Umgang mit Stanzprozessen, filigraner Steckermontage, Robotik und der entsprechenden Prüftechnik. In langjähriger Zusammenarbeit mit Ziemann & Urban zeigt sich die kompetente Ergänzung mit der industriellen Bildverarbeitung. Es entstehen flexible Montagelinien, die zum einen vom Ursprungskonzept abweichen und zum anderen eine softwareunterstützte Flexibilität brauchen, um Prüfungsprozesse unkompliziert und schnell verändern zu können.

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