Interview
Herausforderungen und Trends in der Sensorik
Mit fortschrittlichen technologischen Entwicklungen Schritt halten und gleichzeitig dem Kundenwunsch nach Kostenoptimierung entsprechen – wie das gelingt, erklärt Thomas Birchinger, Vertriebsleiter des Bereiches Sensorik bei Micro-Epsilon Messtechnik.
Micro-Epsilon ist Spezialist für innovative Präzisionssensorik, die zahlreiche Parameter messen kann. Wo liegen aktuell die Anforderungen der Kunden an die Sensorik, die Sie aus dem Markt gezielt gestellt bekommen?
Derzeit sind zwei grundsätzliche Trends zu erkennen. Zum einen stehen Unternehmen unter starkem Kostendruck für bestehende Systeme und Sensoren, das gilt insbesondere für Mainstream-Sensoren. Kostenoptimierungen werden kontinuierlich gefordert. Das ist auch eine Nachwirkung der Corona-Krise, in der die Märkte aus dem Gleichgewicht geraten sind. Demgegenüber steigen bei neuen Projekten und Technologien die Anforderungen an die Messtechnik: höher, weiter, schneller – genauer messen, schneller messen, komplexere Strukturen abbilden. In unserem Fall bedeutet das unter anderem statt punktueller Abstandsmessung 2D- oder 3D-Messung und die Abbildung mehrdimensionaler Strukturen. Das erhöht die Anforderungen an die Software, die in der Regel sehr umfangreich ist. Eine besondere Herausforderung besteht darin, die messtechnische Umsetzung so zu gestalten, dass die Anwendung für den Nutzer am Ende einfach und beherrschbar wird.
Zudem gibt es einen langanhaltenden Trend: Sensoren sollen immer kleiner, kompakter, leichter integrierbar sein und über mehr Schnittstellen verfügen. Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Schlussendlich lassen sich zwei Grundanforderungen im Bereich Sensorik festhalten: Kostenoptimierung bei bestehenden Produkten und Innovation bei neuer Technik und neuen Technologien.
Einer Ihrer Slogans bei Micro-Epsilon ist „Wir machen aus Sensorik Zukunft“. Wo liegt denn die Zukunft der Sensorik? Wie sieht die aus und wo sehen Sie ganz besondere Entwicklungspotenziale?

Thomas Birchinger, Vertriebsleiter des Bereiches Sensorik bei Micro-Epsilon Messtechnik, während des Gesprächs auf der Hannover Messe 2025Bild: Natalie Intorf
Zum einen wird die Sensorik stärker als bisher in den privaten Alltag eindringen – etwa ins autonome Fahren, in Smart-Home-Geräte wie Kühlschränke, die Bestellungen übernehmen, oder in den Bereich der Pflegerobotik, der der demografischen Entwicklung entgegenwirken soll. Ohne solche Ansätze wird es kaum gelingen, die strukturellen demografischen Herausforderungen zu bewältigen, da immer weniger Menschen die gesamte Wertschöpfung erzeugen müssen. Das ist sicherlich ein wesentlicher Teil der zukünftigen Rolle der Sensorik.
Wie bisher werden neben bzw. im Zusammenspiel mit diesen eher neuen Anwendungsfeldern auch die klassischen industriellen Bereiche Produktivität, Qualitätssteigerung sowie Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung weiter an Bedeutung gewinnen. Micro-Epsilon wird gerade in diesem Umfeld mit innovativer Sensorik die Zukunft mitgestalten.
Bereits jetzt hat die Sensorik einen wesentlichen Anteil an vielen dieser Themen; dieser Anteil wird in der Zukunft noch deutlich steigen.
Wenn wir heute über Sensorik sprechen, müssen wir auch das Thema Künstliche Intelligenz im Blick haben. Die KI ist in vielen Bereichen bereits heute eine Schlüsseltechnologie. Spüren Sie das heute schon im Arbeitsalltag und in Ihren Gesprächen mit Kunden? Reagieren die Kunden und Märkte noch verhalten?
Die wesentliche Eigenschaft von KI ist die schnelle Analyse sehr großer Datenmengen. Das ermöglicht, Muster zu erkennen und daraus Entscheidungen mit entsprechend hoher Geschwindigkeit abzuleiten. Für den Einsatz als Prozessregelung in autonomen Fahrzeugen oder industriellen Prozessen braucht man zusätzliche Daten, die nur über Sensoren gewonnen werden können. Das bedeutet: KI fördert indirekt den Einsatz von Sensoren, da die Anforderungen an die Sensoren aus der Applikation und nicht direkt aus der KI abgeleitet werden. Im Alltag spielt KI daher im Moment für uns noch keine ganz zentrale Rolle, indirekt aber schon, weil Kunden Sensoren für KI-gestützte Applikationen anfragen. KI ist das Gehirn, Sensoren sind die Sinne, und zusätzlich werden teilweise auch Aktoren benötigt. Sensoren und Aktoren sind dabei oftmals untrennbare Bausteine: Man muss nicht nur erkennen, wie eine Kurve verläuft, sondern auch lenken können. Also benötigt man KI, Sensoren und Aktoren – drei sich ergänzende Elemente, die zusammenwirken. Wir sprechen daher zwar über KI-Anforderungen, die Umsetzung bedingt in vielen Bereichen aber diese zusätzlichen Elemente.
Ein weiterer Punkt, der insbesondere bei uns eine Rolle spielt, ist, dass KI sehr viel Rechenleistung erfordert. Da wir auch viele Sensoren für Maschinen zur Halbleiterfertigung liefern, stärkt das diesen Bereich enorm. Insofern gibt es für uns sowohl direkte als auch indirekte positive Einflüsse durch die Verbreitung von KI.
Wie werden Sie den oft gegensätzlichen Anforderungen der Kunden in Bezug auf Kostensenkung bei gleichzeitig fortschrittlicherer Technik gerecht?
Sensorik macht ein Gesamtsystem produktiver und kosteneffizienter, daher sollten die Kosten für die Sensoren oder Sensorsysteme nicht alleine betrachtet werden. Eine der Kernkompetenzen von Micro-Epsilon ist es, dass unsere Ingenieure unsere Kunden darin unterstützen, eine optimale Gesamtlösung zu finden, in der die Sensorik als integraler Bestandteil dabei hilft, die bestmöglichen Ergebnisse im Gesamtsystem zu erzielen.
Welche Vorteile bieten Ihre Produkte gegenüber ähnlichen Produkten anderer Hersteller?
Wir arbeiten mit Kunden zusammen, um deren Bedürfnisse zu erkennen und unsere Produkte daran anzupassen. Etwa drei Viertel unseres Umsatzes erzielen wir durch kundenspezifische Produkte. Wir lösen die messtechnischen Aufgaben unserer Kunden, indem wir gemeinsam die beste Lösung suchen. Standardprodukte passen dazu oftmals nur bis zu einem gewissen Grad, daher optimieren wir unsere Sensoren exakt für die Aufgabenstellung, damit der Kunde die maximale Performance erzielt. Darin liegt auch ein großer Anteil des Erfolgs von Micro-Epsilon.
Wie erfolgt die Integration Ihrer Sensoren in die Feldebene? Welche Schnittstellen stehen den Anwendern zur Verfügung?
Bei Schnittstellen unterscheiden wir zwei Themenbereiche: Zum einen werden grundlegende Systeme zunehmend auf Feldbustechnologien ausgerichtet, z. B. Industrial EtherCAT. Für Applikationen, bei denen extreme Performance gefragt ist, werden teilweise weiterhin Analogschnittstellen mit hoher Geschwindigkeit verwendet. Das ist eine Frage der Abbildbarkeit: Ist eine Umsetzung in einem Bussystem möglich oder nicht? Zum anderen gibt es einfache Schnittstellen, die traditionell durch Analogsignale (Strom/Spannung) dominiert wurden. Als Nachfolger wird heute beispielsweise IO-Link eingesetzt. Einfachere Schnittstellen sind in der Regel kostengünstiger und befinden sich eher auf einer unteren Ebene; sie werden oft erst später in der Prozesskette in ein Feldbussystem integriert.
Entwickelt Micro-Epsilon eine eigene Software für seine Produkte?
Ja, Micro-Epsilon verfügt über eine sehr große Entwicklungs- und Fertigungstiefe: Wir produzieren unsere Sensoren selbst und entwickeln auch unsere Software eigenständig. Damit ermöglichen wir ein optimales Zusammenspiel zwischen Hardware und Software, wodurch die Kundenaufgaben bestmöglich gelöst werden. Zudem bieten auch wir Schnittstellen zu gängiger Standardsoftware, damit z. B. im 3-D-Bereich unsere Sensoren auch einfach in bereits bestehende Systeme bzw. Auswertungen eingebunden werden können.
Das Gespräch führte Natalie Intorf, AMA Digital Networks.




micro-epsilon.de













